Abiturprüfungen am OHG verlaufen nach Plan
Mehr zeitlicher Freiraum für Prüflinge bei räumlicher Begrenztheit durch die Sanierung
Direkt nach den Osterferien begannen für 44 Abiturientinnen und Abiturienten am Otto-Hahn-Gymnasium Furtwangen wie in ganz Baden-Württemberg die schriftlichen Abiturprüfungen. Während in vergangenen Jahren häufig die für alle verbindliche schriftliche Reifeprüfung im Fach Deutsch den Auftakt der Reifeprüfung bildete, absolvierten in diesem Jahr nur drei Schüler und 10 Schülerinnen das schriftliche Deutsch-Abitur. Der Grund ist eine für das Abitur 2021 erstmals gültige Oberstufenreform, die Leistungskurse in fast allen Schulfächern ermöglicht. Zum Kanon der Abiturthemen gehören in diesem Jahr nicht nur Klassiker wie Hermann Hesses Selbstfindungsroman „Steppenwolf“, Differentialrechnung und Stochastik, sondern auch aktuelle Themen wie „Hybride Kriegsführung – wie soll die NATO reagieren?“ oder „Ballsport mit Rollstuhlfahrern“, sofern ab Klasse 11 Gemeinschaftskunde oder Sport als Leistungsfach gewählt wurde.
Beengte Räumlichkeiten in der ehemaligen Grundschule
Schulleiter Andreas Goldschmidt konnte am Dienstag, den 26. April immerhin 22 Schülerinnen und Schüler gleichzeitig zu ihren Prüfungen in Gemeinschaftskunde, Geografie und Bildender Kunst begrüßen, die im größten derzeit verfügbaren Raum der ehemaligen Anne-Frank-Schule mit dem geforderten Abstand gerade noch Platz fanden. Mit freundlichem Tonfall sorgte er bei den ihm anvertrauten jungen Erwachsenen für eine angenehme Prüfungsatmosphäre. Im Einzelgespräch wies er aber deutlich auf die derzeit angespannte Situation an Gymnasium und Realschule angesichts der Dreifachbelastung durch die sanierungsbedingte Auslagerung des Gymnasiums und der Realschule, durch Corona und durch die Prüfungsphase hin: „Bei uns ist derzeit alles auf Kante genäht und wir haben keinerlei räumliche und personelle Reserven.“
Christoph Grässle ist als stellvertretender Leiter des Gymnasiums seit 2021 auch für die Organisation des Abiturs zuständig und pflichtet bei: „Die Bedingungen für das Abitur sind hier in der Ilbenstraße nicht besonders günstig, da es sehr eng und hellhörig ist. Wir freuen uns schon sehr darauf, im sanierten Hauptgebäude dann wieder gute Prüfungsbedingungen zur Verfügung zu haben.“
Kultusministerium gewährt Erleichterungen für das „Corona-Abitur“
Für die Abiturientinnen und Abiturienten gibt es auch in diesem Jahr wieder beträchtliche Erleichterungen bei den Prüfungen, um die Einschränkungen durch die Pandemie zu kompensieren. Dies ist insbesondere eine Verlängerung der Bearbeitungszeit um 30 Minuten sowie – ganz neu in diesem Jahr – eine „zweite Chance“ bei einem Einzelergebnis von 0 Punkten in einer mündlichen Prüfung, was bisher als Nichtbestehen des gesamten Abiturs galt. Für die Lehrkräfte hingegen hat sich der Aufwand eher erhöht: so müssen sie beispielsweise in Gegenwart der Schulleitung ab 6 Uhr morgens nun vermehrt verschiedene Aufgabenvarianten durcharbeiten, um für ihren Kurs eine Vorauswahl zu treffen. Auch bei der ohnehin sehr zeitraubenden Korrektur sind bestimmte Empfehlungen angesichts der Corona-Beeinträchtigungen zusätzlich zu beachten, die eine größere Chancengerechtigkeit anstreben.
Unterschiedliche Meinungen zu Lerndefiziten bei Eltern- und Schülervertretern
Michael Mittelstaedt, Vorsitzender des Landeselternbeirates, denkt voller Sorge an die vielen Wochen Fernunterricht in der Kursstufe während der zurückliegenden 2 Jahre zurück und hätte sich „in der Fläche ausreichend Nachlernangebote für alle Schüler einschließlich der Abiturienten“ gewünscht und meint damit ein „Aufholprogramm auch für leistungsstarke Schüler“. Jakob Jung, Vorsitzender des Landesschülerbeirates, sieht hingegen für derartigen verpflichtenden Zusatzunterricht am Nachmittag oder in den Ferien wenig Bedarf. An seiner Schule in Freiburg seien freiwillige Rückenwindkurse bei Oberstufenschülern mangels Interesses nicht zustande gekommen. Er verweist auf private Lerngruppen. „Meist wird das in Eigenregie organisiert, und das ist nicht nur an unserer Schule so. Aber natürlich ist es nicht verkehrt, dass das Kultusministerium mit den Entlastungen ein wenig Druck aus dem Abi rausgenommen hat.“
Zahlen und Fakten zur Abiturprüfung 2022
- 47.400 Schüler*innen machen derzeit in BW die Abiturprüfung, davon 15.800 an beruflichen Gymnasien und 2000 an Gemeinschaftsschulen. Im SBK gibt es in diesem Jahr 785 Abiturien*innen.
- Je eine schriftliche oder mündliche Prüfung in Deutsch und Mathe ist verpflichtend.
- Die beliebtesten Leistungskurse am OHG beim Abitur 2022 sind: Englisch (22), Mathe (22), Biologie (20), Sport (15), Deutsch (13), Geografie (10).
- Die Schnitte bei den beiden Corona-Abi-Jahrgängen 2020 und 2021 waren in BW besser als in den Vorjahren. 2021 hatte mit 2,15 den besten seit 1990 an Allgemeinbildenden Gymnasien in BW erreichten Schnitt. Erstmals seit 2004 gab es keine verpflichtendes schriftliches Abiturprüfung mehr in Deutsch und Mathe.
- Corona-Belastungen: Während für die Mittelstufenschüler etwa 9 Monate lang Fernunterricht oder Wechselunterricht stattfand, wurde für die diesjährigen Prüfungsjahrgänge der Fernunterricht auf etwa 5 Monate seit März 2020 begrenzt. Erschwerend kamen noch die oft langen individuellen Quarantänezeiten hinzu.
- Die Abiturprüfung hat fünf Teile: drei schriftliche, zwei mündliche Prüfungen. Bei null Punkten in einer mündlichen Prüfung ist man ab 2022 nicht mehr automatisch „durchgefallen“. Und: bislang waren bei null Punkten in der schriftlichen Prüfung drei Punkte im Mündlichen notwendig, um zu bestehen. Nun reicht ein Punkt in der zusätzlichen Prüfung. Gleiches gilt für die zweite Chance in der mündlichen Prüfung. „Wir wollen den Prüflingen nicht den ganzen Abschluss nehmen, nur weil sie einen Blackout haben“, teilte das Ministerium mit.
Bild 1/2: Schulleiter Andreas Goldschmidt (stehend) erinnert vor Beginn der schriftlichen Prüfungen in Geografie, Gemeinschaftskunde und Bildender Kunst an die Abgabe der Handys und Smartwatches.
Bild 3: Der stellvertretende Leiter des Gymnasiums Christoph Grässle ist für die gesamte Organisation des Abiturs verantwortlich und sorgt hier für den korrekten Ablauf des schriftlichen Abiturs im Fach Sport.
Text und Bilder: H. Janke / OHG/RS